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Channel: Bestatterweblog Peter Wilhelm
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Der Bastard

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Herr und Frau Mittmann sind schon seit 41 Jahren miteinander verheiratet und wie das eben nach einer so langen gemeinsamen Zeit ist, kennen sie sich in- und auswendig.
Nun ist die Mutter des Herrn Mittmann verstorben und die Abwicklung des Sterbefalles geht ihren gewohnten Gang.
Als die Mittmanns das erste Mal bei uns waren, hatten sie noch keine Unterlagen mitgebracht, weshalb sie am nächsten Tag noch einmal zu uns kommen mussten. Da hatten sie dann alles dabei, unter anderem auch das dringend benötigte Stammbuch für das Standesamt. Viele Leute heben ja ihre Personenstandsurkunden lose und ungeordnet auf. Ältere Leute haben für so etwas ihr Stammbuch bzw. Familienbuch, in das man Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden einheften kann.

Die jetzt verstorbene Frau Mittmann hat in ihrem Stammbuch auch die Geburtsurkunden ihrer Kinder eingeheftet und während ihr Sohn darin blättert, wird sein Gesicht immer länger. Immer wieder blättert er von einer bestimmten Seite zu einer anderen hin und her, überlegt und grübelt und auf einmal sagt er zu seiner Frau:

"Das mußt Du Dir anschauen, Hannelore. Guck mal hier, ich bin ja drei Monate vor der Hochzeit meiner Eltern geboren worden."

"Das gibt es doch gar nicht", sagt seine Frau und nimmt ihm das Stammbuch ab. "Doch, tatsächlich, Erwin, Du hast Recht."

"Dann bin ich ja ein Bastard!"

"Aber Erwin, Du bist doch deshalb kein Bastard. Ein Bastard ist immer... hm, warte mal, was ist denn jetzt nochmal genau ein Bastard?"

"Ja, so wie bei mir, wenn die Eltern nicht verheiratet sind."

"Nee, ich glaube, dann ist man ein Bankert."

"Nein, Hannelore, ein Bankert ist ein Kind, bei dem die Eltern keine Geschwister waren."

"Erwin! Das ist doch Blödsinn, dann wäre ich ja auch ein Bankert, meine Eltern waren ja auch keine Geschwister. Die meisten Ehepaare sind doch keine Geschwister."

"Was ist denn dann ein Bankert?"

"Ach, wart' mal, jetzt weiß ich es wieder. Ein Bankert ist ein Kind, das keine Mutter hat, wo's nur einen Vater gibt."

"Und ein Bastard?"

"Ein Bastard ist wenn man so geflecktes Fell hat."

"Geflecktes Fell..."

"Ja, jetzt so mehr bei Tieren."

"Kühe haben ein geflecktes Fell."

"Ja, Kühe haben ein geflecktes Fell, schwarz und weiß."

"Nicht immer."

"Nein, nicht immer, aber ganz oft."

"Dann war die Mutter weiß und der Vater schwarz."

"Hm, ja, das könnte sein."

"Dann kann ich ja kein Bastard sein, meine Eltern waren beide weiß und ich bin ja auch nicht gefleckt."

"Obwohl..., die Frau Habermehl hat ja dieses Kind von dem Neger und das Kind ist ganz schwarz, auch nicht gefleckt."

"Den kenn ich, der hat aber ganz helle Handflächen."

"Stimmt! Dann ist der ja irgendwie doch gefleckt."

"Michael Jackson ist ganz weiß geworden."

"Ja, aber nur vom vielen Lifting, dem ham'se die Haut so straff gezogen, daß die immer dünner und heller geworden ist."

"Also bin ich ein Bankert."

"Nee, ich glaube, da sagt man auch was anderes dazu, ein Bankert ist doch, wenn Oma und Opa vor der Geburt gestorben sind, oder sowas."

"Dann bin ich aber unehelich."

"Nee, wieso das denn, Deine Eltern waren ja verheiratet."

"Ja, aber jetzt sind sie beide tot."

"Ach Mann, Erwin, dann hab' ich es! Weißt Du, was Du bist?"

"Nee, was denn?"

"Vollwaise!"


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