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Vom Papst mit den Brustwarzen gemalt

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Es ist ja bald Weihnachten und gut gefälschten Statistiken zur Folge soll es ja so sein, daß sich die Familien nie mehr streiten, als kurz vor und an Weihnachten. Warum sollten sich nicht also auch, pünktlich zum ersten Advent, mal die Mitglieder der Bestatterweblog-Kommentatorenfamilie streiten?
Meine Güte, wie oft sitze ich im Freundeskreis und zwei oder drei geraten über irgendeine These in Streit. Und dann? Dann zofft man sich, man diskutiert, tauscht Argumente aus und hinterher hat man sich wieder lieb.

Es steht doch jedem zu, seine eigene Meinung zu haben, das ist aus gutem Grund im Grundgesetzt so vorgesehen.
Was viele aber völlig übersehen, niemand garantiert einem, dass diese eigene Meinung a) richtig ist und b) von anderen als richtig anerkannt wird und c) hat man auch kein Recht darauf, daß alle anderen nun auch dieser Meinung sind.
Vor allem verbrieft das Grundgesetz nicht, daß die anderen einen nicht doof finden dürfen, wenn man eine doofe Meinung äußert.
Viel schlimmer finde ich aber eine andere Situation. Wenn ich nämlich Recht habe mit dem was ich sagte und alle in der Runde behaupten, ich liege damit ja sowas von falsch und dann auch noch irgendwelche Stammtischparolen bemühen, um meine wohldurchdachten Worte zu "entkräften".
Ich habe in meinem schon etwas längeren Leben gelernt, daß ich mich dann zurücklehne, innerlich grinse und fröhlich zuschaue, wenn der Blöd- und Irrsinn fröhliche Urständ feiert.
Was soll ich mich aufregen?
Dann weiß ich es eben besser und die anderen verpassen die Chance, es ebenfalls besser wissen zu können.
Bin ich Missionar, daß ich jedem, der eventuell nicht meiner Auffassung ist, meine Meinung aufoktruieren muss?

Daraus habe ich ein Verhalten entwickelt, das sehr vom Respekt vor dem anderen getragen wird.
Das fängt schon bei Kleinigkeiten an und das möchte ich gerne an einem Beispiel erklären.

Ich sage beispielsweise niemals: Das schmeckt nicht.
Stattdessen sage ich: Das schmeckt mir nicht.

Ich empfinde es nämlich auch schon in diesem kleinen Rahmen als Herabwürdigung des Geschmacks der anderen, wenn ich eine Mahlzeit, die denen offenbar mundet, als schlecht schmeckend bezeichne. Daß es hingegen mir allein nicht schmeckt, kann mir niemand verübeln.

Nebenbei bemerkt: Wer mich kennt, der weiß, daß ich sowieso nicht sagen würde, das etwas schlecht schmeckt. Wenn es komisch schmeckt, dann sage ich, es schmecke interessant. Ist es wirklich Mist, dann sage ich: Das habe ich jetzt in der Form auch noch nicht gegessen. Und hat der Koch die Grenze des Zumutbaren überschritten, dann spreche ich von einer "Expedition des guten Geschmacks in Richtung des Experimentellen", das verstehen sowieso die meisten nicht.

Aber das war nur ein Einschub.

Hier ging es also um die Tatsache, daß Leonard Quack, der das Schnäppchenportal "Schnäppchenfuchs" betreibt und dessen Werdegang ich mit Wohlwollen verfolge, seit er mit 17 Jahren das Ding gegründet hat, diese Medisana-Seifenspender bei einer günstigen Quelle gefunden hat.
Ob die Quelle nun Otto, Schlecker, Aldi oder Dalai-Lama-Werksverkauf heisst, hat mich dabei überhaupt nicht interessiert. Ich habe es auch überhaupt nicht als Werbung für Schlecker oder gar Medisana empfunden, als ich auf dieses Schnäppchen hingewiesen habe, sondern als Hinweis auf eine günstige Einkaufsmöglichkeit und Leonards Schnäppchenportal.

Wir Ihr alle wisst, gehe ich mit Werbung hier im Blog extremst sparsam um. Die Nörgler werden nie weniger werden, die hinter jedem und allem immer den großen Reibach für mich vermuten und ich erinnere in diesem Zusammenhang an diejenigen, die in den Anfangszeiten des Bestatterweblogs sogar gefordert hatten, ich müsse regelmäßig die Einnahmen offenlegen, weil man als regelmäßiger Leser/Kommentator da in einem öffentlichen Netz Anspruch drauf hätte...
Wenn hier geworben wird, dann sind das ausgesuchte Kontakte und oft genug ist die Werbung sogar kostenlos.
Ich erinnere hier beispielsweise an die Werbung für eine mobile Friseurmeisterin über den Kommentaren, die ich ein Jahr lang ohne jede Gegenleistung einfach so geschaltet habe.
Also, all diejenigen, die da immer den fetten Kommerz vermuten, sollen einfach mal die Klappe halten. Sie wissen doch gar nichts und können deshalb auch gar nichts Sinnvolles dazu äußern.

Kommen wir zu Schlecker zurück.
Ich finde es gelinde gesagt zum Kotzen, daß wir in einer Zeit leben, in der Menschen 8, 10 oder gar 12 Stunden am Tag arbeiten und am Monatsende nicht genügend Geld dafür bekommen, um die grundlegendsten Bedürfnisse befriedigen zu können.
Das ist ein Skandal und dem Zeitgeist nicht angemessen. Wir leben in einer Zeit, in der die Freizeit einen sehr hohen Stellenwert hat und in der von uns ein gewisses Grundmaß an Flexibilität und Mobilität verlangt und erwartet wird.
Aber diese Freizeit und diese Mobilität muss man sich auch erst einmal leisten können.
Da bleibt manchem eben "nur" der Flachbildfernseher und die Playstation und er muss es sich dann gefallen lassen, daß müslifutternde Gutverdiener vom Hotspot eines Wellness-Hotels auch noch über das angeblich prekariatäre Verhalten herziehen.
Übrigens: Auch Bio und Öko muss man sich leisten können. Da werden jetzt einige aufheulen, aber es ist doch nun wirklich so, daß man nicht auf der einen Seite den Leuten bloß Hungerlöhne von 3,25 Euro/Stunde zahlt und dann noch erwartet, daß sie handgebürstete, faire Produkte mit Aufschlag kaufen.

Jede Mühe verdient ihren Lohn!
Das ist eine Weisheit, die ich hier schon oft propagiert habe und die ich auch aktiv vertrete. Ich zahle lieber ein paar Euro mehr und kaufe bei einem kleinen Fachbetrieb, als das ich aus lauter Schnäppchengier alles immer zum günstigsten Preis kaufen muss.
Aber auch hier ein Beispiel.
Ich habe neulich für eine Veranstaltung Plakate gebraucht und 250 Plakate für knapp 50 Euro bei einer Internetdruckerei machen lassen. "Ja nee", sagten meine Freunde da, "Wie kannst Du das denn machen? Da bleibt man doch hier im Ort beim kleinen Drucker an der Ecke."
Ach ja, daran hatte ich nicht gedacht, weil ich hier im Dorf nicht so verwurzelt bin.
"Macht ja nix", sagte einer der Freunde, "Wir brauchen eh noch ein paar Plakate in A1, die können wir ja bei unserem Drucker hier machen lassen. Was würden die denn im Internet kosten?"
Im Internet hätten 25 Plakate in A1 nur 35 Euro netto gekostet.
Aber ein Freund hat sie dann beim örtlichen Drucker bestellt und der schickte mir dann eine Rechnung über 420 Euro für die 25 Plakate...

Liebe Leute, sind diese Plakate vom Papst mit den Brustwarzen gemalt worden?
Also wirklich, bei aller Liebe für den örtlichen Handel, da kaufe ich dann doch meine Plakate woanders.
(Und bevor jetzt irgendjemand anfängt zu argumentieren, warum der Preis so oder so gewesen sein könnte; nein, der ist wirklich in allem so unverschämt teuer.)
Ich will damit sagen, mir wäre es doch scheißegal, ob ich für 25 Plakate nun 35 Euro im Netz oder 45 Euro beim örtlichen Drucker bezahle, meinetwegen auch 70 Euro. Aber doch keine 420!

Mit anderen Worten: Nicht immer lässt sich ein höherer Preis rechtfertigen, manchmal ist es auch einfach nur Abzocke, um dieses schöne Wort auch mal zu bemühen.

Ob man nun, um auf die Seifenspender zurück zu kommen, überhaupt elektrische Seifenspender braucht, das muss doch jedem selbst überlassen sein. Der eine möchte so etwas, der andere lieber nicht. Der eine kann sich einen Maybach leisten, der andere könnte es vielleicht, fährt aber trotzdem einen smart. Das ist doch alles auch irgendwo eine ganz persönliche und private Entscheidung, die niemanden etwas angeht und für die ich auch niemanden um eine Bewertung oder Beurteilung gebeten habe. Ich mach das eben so. Ich mache es vielleicht nicht richtig, aber so ist es eben nun mal.

Und was Schlecker anbetrifft. Ich habe meines Wissens in meinem ganzen Leben noch nie bei Schlecker eingekauft, weil der Schlecker-Laden im Nachbarort immer von außen so wenig einladend ausgesehen hat. Ich habe aber auch schon gehört, daß es dort für das Personal nicht optimal aussieht.
Aber hatte ich so etwas nicht neulich auch erst von einem Konkurrenten gehört und wurden nicht die Mitarbeiter eines Discounters mit Kameras bespitzelt und kommen Grabsteine nicht aus indischer Kinderarbeit? Müssen für meinen Thunfisch nicht Delphine sterben?
Mir wird das Leben zu kompliziert, wenn ich alles das beachten müsste. Ich gebe es zu, ich bin bequem und ich nehme vieles hin. Mich regt vieles auf, aber ich mache es so, wie Millionen, ich dreh mich um und kümmere mich nicht weiter...
Was könnte man nicht alles tun, wo könnte man nicht überall helfen?
Ich kaufe mich frei, ich mache mir vor, es wäre schon viel getan, wenn ich spende... Ja, so bin ich.

Ich helfe Leuten in meinem Umfeld, ich lasse mich von Schicksalen mitreissen und rette kleine Negerjungs oder bezahle seit fast 12 Jahren einem ehemals Obdachlosen seine Miete, so einen Scheiß mache ich und bilde mir ein, da was Gutes zu tun. Das kauft mich nicht davon frei, die Mißstände bei Schlecker beachten zu müssen, das weiß ich.
Und ich sage auch nicht, daß ich ja schon so viele tolle Sachen mache, daß ich dafür dann auch bei anderen Sachen mal nicht so genau hingucken muss. Genau vor dieser Argumentationskette sind in der NS-Zeit die ganzen Juden, Homosexuellen, Zigeuner und Zeugen Jehovas abtransportiert worden, ohne daß es einer hat wissen wollen.
Man hat sich ja ansonsten absolut korrekt verhalten und jeder hatte ja irgendeinen Juden, Zigeuner oder Schwulen, den er kannte und dem er mal was Gutes getan hat...

Die Mahner und Warner haben Recht! Sie dürfen, ja sie müssen auf Mißstände hinweisen!
Dafür bin ich Claudia sehr dankbar.
Ich habe an den Schlecker-Scheiss überhaupt nicht gedacht. Ich habe nur ein wirklich sehr günstiges Angebot für einen Artikel gesehen, den ich gut gebrauchen kann und daß man keine Versandkosten bezahlen muss und daß man noch Kekse und Bonbons dazu geschenkt bekommt.
Jetzt, wo Claudia mich darauf aufmerksam gemacht hat, würde ich normalerweise auch nichts mehr bei Schlecker kaufen. Wie gesagt, ich war noch nie in so'nem Laden und habe da auch online noch nie was gekauft.
Aber vielleicht hätte ich in Zukunft auf den, nach so einem kauf oft eintreffenden, Newsletter reagiert und doch noch mal was da zum Normalpreis bestellt. Das mache ich jetzt ganz bestimmt nicht, da ich jetzt über die Worte der Kommentatorin nachgedacht und meine Konsequenzen daraus gezogen habe.
Aber: Wenn Schlecker in Zukunft wieder einmal Geräte, die sonst das Dreifache bis Fünffache kosten ohne Versandkosten und mit Geschenken verkloppt, dann werde ich vielleicht doch wieder zuschlagen.
Denn ich kann zwar Läden, die so eine komische Firmenpolitik haben, im Allgemeinen meiden, wenngleich ich bezweifle, daß sich dadurch was ändert, aber ich verschlechtere dort auch nichts, wenn ich den armen Herrn Schlecker bei solchen Schnäppchen in Anspruch nehme.
Es ist nämlich das System, das da krank ist und dieses System kann ich nicht durch eine positive oder negative Kaufentscheidung beeinflussen. So ein System kann man ja nicht einmal durch Wahlen beeinflussen!

Kommen wir zu einem anderen Punkt.
Das Wort "Gutmensch" ist gefallen. Dafür gibt es viele Definitionen und das Wort wird in der Tat inflationär verwendet.
Aber ich wehre mich seit eh und je dagegen, daß man nun bestimmte Begriffe nicht mehr verwenden soll, nur weil braune Arschlöcher sie mit anderen Inhalten besetzen. Da wedelt ja dann der Schwanz mit dem Hund!
Ich kriege schon Ohrensausen, wenn ich die beiden Wörter "politisch korrekt" überhaupt höre.
Ist es jemandem aufgefallen? Ich habe oben "Neger" geschrieben und "Zigeuner". Macht mich nieder! Weist mich belehrend darauf hin, dass man das aus diesen oder jenen Gründen nicht tun darf.
Meine Fresse, jeder weiß doch aus dem Kontext, wie ich ticke und wie ich das meine und daß ich weder Schwarze noch Sinti/Roma beleidige. Und es fühlt sich auch kein Schwarzer und kein Sinti/Roma dadurch beleidigt, dazu kenne ich viel zu viele davon.
Aber zum Gutmensch wird man dann, wenn man einen tiefen inneren Drang verspürt immer und alle auf das hinzuweisen, was im Sinne der "politischen Korrektheit" gerade mal wieder als gut und richtig oder als schlecht und falsch empfunden werden soll. Zu einem Gutmenschen wird man auch dann, wenn einem Mülltrennung, die Beachtung von Nichtraucherzonen und das Tragen von Fahrradhelmen wichtiger sind als die Strahlenbelastung durch Castortransporte, als Stuttgart 21 und die die vielen tausend Kinder, die jeden Tag an Hunger sterben.
Und diesen Bruch kann man beliebig kürzen: Nimmt man Castortransporte, Stuttgart 21 und die Hungerkinder wichtiger als irgendwas anderes, was noch schlimmer ist, dann... usw.

Ich bin nur ein gemütlicher, dicker Onkel, der seine Ruhe haben will und der versucht, so wenig wie möglich falsch zu machen. Meine Lust, meine Lebenszeit und meine finanziellen Mittel reichen aber nicht aus, um alles Elend dieser Welt abschaffen zu können.
Und deshalb versuche ich, die mir vielleicht gewährten 75 oder 80 Jahre auf diesem Planeten so angenehm wie möglich zu gestalten und dabei so wenig Leuten wie möglich auf die Füße zu treten. Wo ich helfen kann, da helfe ich, aber ich gehe nicht extra noch auf die Suche nach Problemen.
Sorry, aber so bin ich!

P.S. Habe mir diese Woche 'ne Handyhülle aus China bestellt.


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