Eingeführt hatte ich mich ja hier im Krankenhaus mit dem legendären Satzfragment: “Hallo, mein Name…”
Eigentlich hatte mich unser Haus- und Hof-Fahrer und -Erlediger morgens ja nur mal eben zum Arzt fahren sollen. Seit Dienstag, Punkt neun Uhr, hatte mich der Schüttelfrost gepackt, mit all den Symptomen, die mich eben an die Sommergrippe denken ließen, so wie ich sie vor 10 oder 15 Jahren schon einmal hatte.
Mittwochs schüttelfrostete es mich aber immer noch und Mrs. Undertaker wurde schon etwas ungehaltener. Die Allerliebste kann es gar nicht haben, wenn ihr alter Ostpreuße schon wieder so suchend durch die Küche schleicht und überlegt, mit welchem Suppenschöpfer man eventuell die jetzt akut herrschende Krankheit selbst herausoperieren könnte.
“Nix, da, Du gehst zum Arzt!” beschloss sie dann donnerstags Abend und am Freitag hatte ich dann einen freundlichen Exklusivtermin vor den allgemeinen Sprechstunden.
Drei Minuten hat der Weißkittel gebraucht, dann hatte ich die Einweisung in der Hand.
“Ab ins Krankenhaus!”
Der Fahrer brachte mich dorthin und während er noch einen Parkplatz suchte, wackelte ich, stolz die Einweisung schwenkend an den Info-Schalter und fragmentierte eben jenen Satz: “Hallo, mein Name…”
Dann hörte ich einen Schlag, bekam noch mit, wie mir jemand den Fußboden des Krankenhauses hinten an den Kopf schlug und wach wurde ich etwa 30 Minuten später in einem schönen blauen Raum.
Blau ist nicht ganz so meine Farbe.
Tja, und dann begann die ganze Maschinerie mit CT, XYZ und AEG, in alle Körperöffnungen stecken die einem was rein und holen die einem was raus und dann landet man da, wo die Safariautos von kegelnden Männern beladen werden, rund um die Uhr.
Da war ich dann, lasst mich überlegen, mir fehlen da ein paar Tage, so bis Montag, denke ich.
Seitdem liege ich hier an Bett genagelt und muss mir jedes kleine Extra erbetteln.
Herr Sowieso darf an der Bettkante sitzen.
Herr Sowieso bekommt ab heute nicht nur Tee und Zwieback, sondern Tee und zwei Zwieback.
Herr Sowieso darf die, darf das…
“Du gekackt?”
So stellte sich mir Gisela vor. Ein Pfund von einer Frau, die so aussieht als habe sie gerade die Birnbaumer-Nüsselschweif, Antonia und die Klitschkobrüder gefrühstückt. Ihre Lehre hat sie in einem GULAG absolviert, davon bin ich überzeugt und davon kündet ihr Akzent.
Doch Schwester Gisela hat nur scheinbar eine rauhe Schale. Darunter verbirgt sich, wenn man sie etwas länger kennt, einen noch viel härterer und rauherer Kern.
“Du gekackt?”
Ich nicke artig. Bloß nicht tief durchatmen! Das könnte verdächtig wirken und vielleicht muß ich dann ins Bleibergwerk und mich zu Tode schufften.
“Dem da, dem kriegt Laktulose, dann kann dem da besser kack!”
Die Schwesternschülerin hat ein eingefrorenes Dauergrinsen und füllt mich mit Kacksaft ab.
“Dem da, der muß Du dem Zucker messen, damit ich dem abspritzen kann.”
Abspritzen? Kenne ich diese Vokabel nicht von der Tötung von alten Pferden?
Warum immer ‘dem da’? Ich bin der Einzige im Zimmer…
Sie will mir eine Infusion anhängen. Die anderthalb Liter prügelt sie quasi in meine Vene.
“Tutt wäh?”
Ich nicke.
Sie: “Gutt! Muss, sonst hilft nix!”
Gut, ich gebe zu, ich übertreibe… Aber es ist ganz nah an der Wirklichkeit.
Ui, ich muss aufhören, sie kommt, der Boden grollt, als ob eine Viehherde durchgeht, das ist sie, das ist Gisela!