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Channel: Bestatterweblog Peter Wilhelm
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Anonyme Bestattung

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Die anonyme Feuerbestattung, ist sie eine akzeptable Art der letzten Ruhe, ist sie ein billiges Verscharren, ist sie eine Alternative?
Bei der anonymen Bestattung wird die Asche zu unbekannter Zeit an einem unbekannten Ort auf dem Friedhof beigesetzt. Das ist die Grundregel von der es auf vielen Friedhöfen ganz unterschiedliche Ausnahmen gibt.
In manchen Orten erfahren die Familien hinterher, wann die Beisetzung der Urne stattgefunden hat, in anderen Orten weiß man ungefähr wo sich die Gemeinschaftsgrabstätten befinden.

Für viele Familien schreibt die finanzielle Situation das Drehbuch für den letzten Weg eines Verstorbenen. In anderen Familien ist die Beziehung zum Verstorbenen vielleicht eher miserabel gewesen.
In einem anderen Fall gibt es einfach keinen mehr (der in der Nähe wohnt), der sich um ein Grab kümmern könnte und in wieder anderen Fällen wollte der Verstorbene es ausdrücklich so haben.

Was für die einen praktisch, günstig oder wunscherfüllend ist, ist für die anderen eine undenkbar pietätlose Entsorgung.
Das wird umso dramatischer, desto weniger von den üblichen Elementen der Abschiednahme übrig bleibt.

Man kann ja auch eine anonyme Bestattung so ablaufen lassen, daß es vorher eine Trauerfeier mit dem Sarg oder der Urne gibt, nur daß eben anschließend der Weg zum Grab entfällt.
Der entfällt aber für die meisten Trauergäste auch, wenn es eine Sargtrauerfeier mit anschließender Einäscherung wäre, denn bei der eigentlichen späteren Urnenbeisetzung sind ja meist nicht mehr alle dabei, sonder sie findet eher im engeren Kreis statt.

Dieser letzte Akt fällt aber bei der anonymen Beisetzung weg.
Wird nun der Verstorbene gleich vom Sterbeort in einem günstigen Einäscherungssarg (im Jargon: Verbrenner) abgeholt und folgt keine Trauerfeier, so ist damit für die Angehörigen, außer dem Bezahlen der Rechnungen, fast schon alles erledigt.
Die Aschenkapsel mit oder ohne umhüllende Schmuckurne wird irgendwann ohne genaue äußere Stellenbezeichnung vergraben.

Eine Leserin hat in der Familie damit ein Riesenproblem:

Ich lese schon lange mit. Liebe Deine Arbeit. Eine Frage: mein Vater ist neulich verstorben. Er will anonym ohne Trauerfeier bestattet werden, ich finde es okay, aber was ich hier aushalten muss, von wegen verscharren und so, ist echt heftich. Vielleicht kannst du die anonyme Beisetzung ohne Trauerfeier mal zur Diskussion stellen. Deine Meinung würd mich auch interessieren.
Danke für eine Antwort.
LG E.

Meiner Meinung nach versucht Leserin E. genau das Richtige zu tun. Sie will den Wunsch des Verstorbenen erfüllen.

Jedoch: Gerade Männer neigen dazu, daß Thema Tod und Trauer zu verdrängen und wenn sie sich mal äußern, dann lautet die fast schon als Standardantworte geltende Auskunft: “Verscharrt mich irgendwo im Wald oder auf dem Friedhof. Anonym ohne großes Theater.”

Nun ist es an den Angehörigen, abzuwägen, ob der Verstorbene tatsächlich den innigsten Wunsch hegte, vollkommen anonym beigesetzt zu werden oder ob er einfach seine Scheu vor dem Thema kaschiert und einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Thema aus dem Weg gegangen ist, indem er einfach die Variante genannt hat, die seiner Meinung nach den Hinterbliebenen so wenig Aufwand wie möglich bereitet.

Es ist oft sehr schwer, hier herauszufinden, was denn wirklich Sache ist. Hätte der Verstorbene es am Ende nicht doch lieber gehabt, ein Grab zu haben, an das ab und zu mal jemand kommt?
Man weiß es nie genau.
In solchen Fällen überlege ich immer gemeinsam mit den Angehörigen, wie sich der Betreffende denn zu Lebzeiten verhalten hat. Hat er Friedhöfe und Gräber besucht? Hat er eventuell selbst das Grab eines Angehörigen liebevoll gepflegt? Oder lehnte er Friedhofsbesuche generell ab und hat schon immer vehement gegen diesen “Kleingartenquatsch auf zwei Quadratmetern” gewettert?

Ich kann also Leserin E. nicht einfach schreiben: “Du tust genau das Richtige, weil Du den Wunsch Deines Vaters erfüllst.”
Dazu weiß ich zu wenig über die Umstände und Hintergründe und was sonst noch an Trauerfeierlichkeiten geplant ist.

Sollte man nach reiflicher Überlegung zu dem Ergebnis kommen, daß es nun doch unbedingt eine anonyme Bestattung sein muß und steht man damit sehr konträr zu den anderen Hinterbliebenen, so wäre es eventuell für diese hilfreich, wenigstens die Trauerfeier so zu gestalten, daß ein adäquates Gegengewicht zur fehlenden gemeinsamen Grablegung geschaffen wird.

Was meinen die anderen Leser?


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