Als ehemaliger Bestatter, Kenner der Branche und Experte in Bestattungsfragen sehe ich mich einerseits als Fürsprecher für die Branche, gleichermaßen als Sachwalter für die Interessen der Angehörigen und Verbraucher, wie auch als neutraler Beobachter des Marktes.
In zahlreichen Artikeln hier im Bestatterweblog habe ich gebetsmühlenartig erklärt, warum die Preise beim Bestatter so hoch sind und warum beispielsweise Särge, Urnen und Totenwäsche mit so hohen Aufschlägen angeboten werden.
Ich will dies in einem kurzen Absatz noch einmal zusammenfassen:
Bestatter unterhalten einen klassischen Notdienst. Sie halten eine manchmal fast unüberschaubare Menge an Waren rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr bereit und stellen für die sofortige Überführung von Verstorbenen Fahrzeuge, Personal und Lagerlogistik zur Verfügung.
Durch diese klassische Notdienstsituation, die auch aufrecht erhalten werden muß und Kosten verursacht, wenn keine Aufträge eingehen, muß der Bestatter eine Mischkalkulation aus Zeiten ohne Aufträge und Zeiten mit Aufträgen errechnen.
Mit anderen Worten: Die gesamten über das Jahr hinweg anfallenden Kosten für die Aufrechterhaltung der Dienstbereitschaft müssen durch die Anzahl der Sterbefälle aufgeteilt werden.
Zum Zweiten üben Bestatter eine Tätigkeit aus, die viel Know-How erfordert und die in manchen Bereichen durchaus auch als unangenehm und belastend empfunden werden kann. Für diese Tätigkeit haben er und seine Mitarbeiter ohne Zweifel eine gute Bezahlung verdient. Jede Mühe verdient ihren Lohn.
Und drittens handelt es sich um eine besondere Dienstleistung, um die die Menschen leider nicht herum kommen. Gesetzliche Vorgaben machen den Einsatz des Bestatters oft unumgänglich. Diese besondere Situation bringt es immer mit sich, daß die jeweiligen Anbieter etwas höhere Preise verlangen können.
Viertens: Bestatter verwenden Werkzeuge, Materialien und Fahrzeuge, die auch für sie extrem teuer sind. Diese Kosten werden kaufmännisch vollkommen zu Recht an die Kunden weitergegeben.
Das sind nur einige wenige Aspekte, die bei den folgenden Betrachtungen eine Rolle spielen.
Zu derartigen Betrachtungen meinerseits hat eine Leserin diese Mail an mich geschrieben:
Danke für diesen Artikel. Ich habe schon zu oft erlebt, wie Leuten unnötiges Zeug aufgeschwatzt wurde. (z.B. der Versuch, einen einfachen Holzsarg für 2500,- Euro zu verkaufen, Bekleidung für die Tote für 150 Eur, etc. etc.).
Mich interessiert auch Ihre (aktualisierte) Meinung zu Sargpreisen, da ich mich in der letzten Zeit ein wenig ins Thema eingelesen habe.
Es scheint, als ob durchschnittlich mehrere 100% aufgeschlagen werden, sodass auch hier die Trauernden gut ausgenommen werden. Ein Bestatter muss auch überleben, aber diese Aufschläge sind extrem.
(Ebenso: Grabsteine. Ich war bereits auf der Stone+Tec Messe, und dort werden am letzten Tag Grabsteine ohne Gravur für 50Eur verscherbelt…ja…)
Es wäre so einfach, wenn ein Bestatter sein Gespräch in der Form “A und B müssen sein, da vorgeschrieben, C, D und E sind zusätzlich mögliche Leistungen…” führen würde.
Das ist aber wahrscheinlich bei vielen Verkaufsgesprächen der Fall – und nicht nur bei einigen Bestattern. Leider wird in diesem Fall aber zusätzlich noch die emotionale Lage der Menschen ausgenutzt.
Jedenfalls: Danke für Ihren Blog.
Wir müssen uns zunächst einmal zurück besinnen und uns vor Augen führen, wie früher Bestattungen abgewickelt wurden.
Da gab es Fuhrunternehmen und Schreiner, die im Nebengewerbe Bestattungen durchführten.
Im Wesentlichen beschränkte sich die Tätigkeit auf das Abholen der Verstorbenen mit dem Sarg und den Transport zum Friedhof.
Das Waschen und Ankleiden der Verstorbenen und der Schmuck des Sarges mit Blumen, sowie der kurze Gang zum Standesamt und Friedhofsbüro wurde von den Angehörigen übernommen.
Auf der Rechnung des “Bestatters” tauchte dann nur eine Position auf, nämlich der Sarg.
So waren es die Menschen über Jahrzehnte gewohnt.
Auch waren sie es gewohnt, daß diese schlichte Holzkiste immer schon in etwa genau so viel gekostet hat, wie eine einfache Wohnzimmereinrichtung.
Das war zu allen Zeiten so. Das Besondere hatte schlicht und ergreifend seinen Preis. In gewisser Weise spielte schon immer der Gedanke eine Rolle, daß sich die Käufer in solchen Fällen nicht lumpen lassen, weil sie vor den Nachbarn und Verwandten nicht als geizig dastehen wollten.
Im Laufe der Zeit wurden die Anforderungen an die Tätigkeit des Bestatters immer komplexer. Es gab immer mehr für ihn zu tun.
Das hat einmal damit zu tun, daß mehr Verwaltung erforderlich ist und daß die Menschen heutzutage auch nicht mehr bereit sind, selbst Hand an den Verstorbenen zu legen.
Was früher noch von einer Totenfrau oder den Angehörigen erledigt wurde, liegt heute komplett in den Händen des Bestatters.
Lange Jahre war es so, daß die vom Bestatter zusätzlich ausgeführten Dienste einfach mit in den Sargpreis eingerechnet wurden.
So bleib die Rechnung für die Angehörigen überschaubar und der Bestatter machte trotzdem seinen Schnitt.
Man darf bitte nicht vergessen, daß es Bestattungsunternehmen heißt und der zweite Teil dieses Wortes eindringlich deutlich macht, daß wir es mit kaufmännischen Unternehmungen zu tun haben.
Es heißt ausdrücklich nicht Bestattungsselbstlosigkeit oder Bestattungswohlfahrtsdienst!
Bestatter üben ihre Tätigkeit aus, um damit Geld zu verdienen. Und das ist auf jeden Fall ihr gutes Recht.
Es ist zu kurz gedacht und zu leichtfertig getan, unterstellte man aus der Sicht desjenigen, der sich dem Unausweichlichen hingeben muß, alleine den Beweggrund, der Bestatter würde die Situation der Angehörigen ausnutzen.
Genausogut nutzen die Angehörigen in der gleichen Situation das Fachwissen und die Logistik, die der Bestatter als Fachunternehmer zur Verfügung stellt.
Und da wir uns in einer freien Marktwirtschaft1 befinden, kann der Unternehmer, auch der Bestattungsunternehmer seine Preise weitestgehend selbst bestimmen.
Solange es mehr als einen Bestattungsunternehmer in Deutschland gibt, ist das auch in Ordnung so, weil der Kunde dann die Möglichkeit hat, sich gegebenenfalls an den anderen Bestattungsunternehmer zu wenden und das für ihn günstigere Angebot anzunehmen.
Inzwischen hat sich das Berufsbild des Bestatters gewandelt. Vom reinen Sarglieferanten und -transporteur ist er zu einem kaufmännischen Dienstleistungsunternehmer geworden, der ein umfangreiches Portfolio an Waren und Dienstleistungen bereit hält.
Die Bestattungskultur ist seit Jahren in einem Wandel begriffen und bietet heute viele Variationsmöglichkeiten, aus denen Bestatter und Kunden gleichermaßen auswählen können.
Aus dem typischen Nebengewerbe ist ein vollumfängliches Berufsbild geworden, das man auch in speziellen Ausbildungsgängen erlernen kann.
Gleichermaßen haben sich die Ansprüche der Verbraucher geändert.
Grundsätzlich haben wir es heutzutage mit kritischen Verbrauchern zu tun, die viel mehr hinterfragen und viel mehr Hintergrundinformationen erwarten.
Sie lesen vor dem Kauf von Produkten Bewertungen anderer Käufer, vergleichen das gewünschte Produkt online oder im Laden mit ähnlichen Alternativen und gehen für gewöhnlich gut informiert an den Kauf heran, den sie dann häufig zum bestmöglichen Preis, oft unterstützt durch Handeln, abschließen.
Nun haben wir es beim Bestatter mit einer ganz besonderen Verkaufssituation zu tun.
Das Besondere daran sind folgende Dinge:
- 1. Der Bestatter leistet ein Verkaufsgespräch, in dem er seine Waren und Dienstleistungen bestmöglich verkaufen möchte, dieses Gespräch ist aber naturgemäß vermischt mit Beratungen über Dienstleistungen Dritter, Leistungen kommunaler Anbieter und mit der allgemeinen Beratung über Bestattungskultur und -tradition.
- 2. Der für gewöhnlich gut informierte und kritische Kunde geht in dieses Beratungsgespräch -so er denn nicht Leser dieses Blogs ist- absolut uninformiert und oft genug auch unkritisch hinein.
- 3. Der Kunde hält es für pietätlos, die Beratung des Bestatters zu hinterfragen und die übliche kritische Betrachtungsweise auch in Bezug auf den Preis an den Tag zu legen.
- 4. Der Kunde befindet sich durch die Trauer in einer psychischen Ausnahmesituation, die ihn unkritischer und auch manipulierbarer macht.
- 5. Aufgrund der Preis- und Marktpolitik der Bestatter ist deren Preisgestaltung so intransparent, daß selbst der Versuch, hier Preis- und Leistungsvergleiche anzustellen, oft unmöglich wird.
- 6. Die Informationen durch Verbraucherorganisationen und Laien im Internet sind -abgesehen natürlich von den Informationen hier im Bestatterweblog- oft von Nichtwissen und Fachferne geprägt. Ja, man kann durchaus sagen, daß insbesondere die Informationen von Laien in Foren und Frage-Antwort-Portalen eher zur Verunsicherung und Desinformation beitragen.
Angesichts dieser Punkte ist von modernen Bestattern ein Verhalten gefordert, das der Desinformation entgegenwirkt.
In immer wiederkehrenden Beiträgen in Deutschlands führendem Informationsblog zu diesem Themenbereich, hier im Bestatterweblog, fordere ich seit Jahren eine gesteigerte Transparenz seitens der Bestatter.
Die Zeiten, in denen man alle permanenten Kosten einfach über einen hohen Sargpreis abrechnete, sind ein für allemal vorbei.
Heute weiß jeder, der halbwegs mit Tastatur und Maus umgehen kann, daß Särge zwischen 50 und 500 Euro kosten und Preise beim Bestatter zwischen 500 und 12.000 Euro als weit überzogen anzusehen sind.
Warum Menschen, die wissen, daß Särge im Einkauf soviel günstiger sind, dann doch beim Bestatter viel mehr bezahlen, ist leicht zu beantworten.
Einerseits verstehen es die Bestatter, die von ihnen gelieferten Waren als etwas Besonderes darzustellen und andererseits will sich niemand der Schmach hingeben, im Trauerfall für einen geliebten Menschen, gespart zu haben oder geizig gewesen zu sein.
Bestatter argumentieren oft, bei ihnen gäbe es keine preiswerten Särge aus osteuropäischer Produktion, sondern nur gute deutsche Wertarbeit. Okay, wenn dem so ist, mögen die Särge dann meinetwegen doppelt so teuer im Einkauf sein, sagen wir 100 bis 1.000 Euro. Dann ist aber damit immer noch nicht erklärt, warum sie später dann fünf bis zehn Mal so viel kosten sollen.
Bitte nicht falsch verstehen! Särge dürfen teuer sein, Urnen dürfen teuer sein und auch Totenwäsche darf teuer sein.
Das wissen die Verbraucher und sie sind auch bereit einen hohen Preis für eine besondere Ware, die man nicht alltäglich braucht, zu bezahlen.
Aber es ist heute kein Raum und kein Verständnis dafür da, wenn Bestatter einen Sarg, der im Einkauf 280,- Euro kostet, für 3.900 Euro verkaufen.
Mit aller Arbeit, die sie noch investieren und allem besonderen Hokuspokus, der da noch hineingerechnet wird, sind 900 Euro genug und angemessen.
Bestatter müssen sich also, das ist der erste Schluß, den wir daraus ziehen, vom utopisch hohen Sargpreis verabschieden.
Nehmt für die Särge einen ordentlich Preis. Der darf ruhig angemessen und hoch sein, aber nicht mehr diese überzogenen Mondpreise.
Stattdessen soll der Kunde ruhig erfahren, wofür der Bestatter sein Geld verlangt.
Verlangt er es für sein Know How? Verlangt er es für seine Notdienstbereitschaft? Verlangt er es für seine Logistik und sein Personal?
Dann soll er das auf die Rechnung schreiben!
Ich schreib es oft genug: Der Bestatter ist der Eventmanager des Todes.
Ähnlich wie ein Wedding-Planer, der Hochzeiten organisiert, organisiert der Bestatter große, wenn auch traurige, Familienfeste.
Ein Wedding-Planer liefert meist überhaupt nichts selbst, sondern vermittelt und organisiert bzw. besorgt im Auftrag. Der geringste Posten auf seiner Rechnung sind Lieferungen.
Sein Geld bekommt er für sein Organisationstalent und die aufgewendete Zeit. Und der Weddingplaner kostet locker mal zwischen 1.000 und 10.000 Euro!2.
Ein Stundenpreis von 50 – 80 Euro ist da eine Selbstverständlichkeit.
Und genau so können auch Bestatter ihr Know How, ihr Organisationstalent und ihre Zeit transparent abrechnen. Was spricht dagegen, dem Kunden klipp und klar 350 bis 900 Euro für die Arbeit des Bestatters auf die Rechnung zu schreiben?
Meinetwegen kann das auch nur 20 Euro kosten oder auch 2.000. Aber auf jeden Fall hat der Kunde ein Recht darauf, zu erfahren, was er in Wirklichkeit wofür bezahlt.
Ein weiterer Forderungspunkt ist die Transparenz im Beratungsgespräch. Und damit nähern wir uns einem sehr schwierigen Thema.
Einerseits will und muß der Bestatter sehr umfangreich informieren.
Die richtige Zeit dazu ist immer jetzt. Er muß im Beratungsgespräch alle Varianten durchsprechen und sein gesamtes Portfolio, soweit es zu diesem Trauerfall paßt, vorstellen.
Sonst ergibt sich hinterher ein reges Beschwerdepotential! “Warum haben Sie und das nicht gesagt?”, “Wenn wir das gewußt hätten …!” und “Darüber haben Sie uns nicht informiert!”
Gleichzeitig weiß der Bestatter aber auch, daß die Kunden nur begrenzt aufnahmefähig sind und irgendwann während des Gesprächs “die Rolläden zu gehen”.
Deshalb ist es ganz elementar, alles Schritt für Schritt, manchmal wie für kleine Kinder, genau zu erklären, alles noch einmal zusammenfassend aufzusagen und den Kunden eine genaue Aufstellung über Waren, Dienstleistungen und Preise mit nach Hause zu geben.
Dann gibt es hinterher auch kein Vertun.
Sehr bewährt hat es sich, nach der Trauerfeier, wenn die erste Trauer sich gelegt hat, noch einmal alles durchzusprechen und die Rechnung nicht einfach per Post zu übersenden.
Warum nicht die Leute zur Rechnungsübergabe auf eine Tasse Kaffee ins Bestattungshaus einladen und die Rechnung Punkt für Punkt durchsprechen?
Vieles was im ersten Gespräch unter dem Eindruck der Trauer einfach abgenickt wurde, wirft Wochen später bei Rechnungserhalt Fragen und Unverständnis auf.
Lieber Bestatter, nehmen Sie den Kunden die Fragen aus dem Mund und erklären Sie sich und Ihr Tun!
Alles in allem weiß jeder, daß Bestattungen heute soundsoviel kosten.
An den Gesamtkosten muß sich nicht unbedingt etwas ändern, so lange jeder Bestatter für jeden Geldbeutel ein Angebot bereit hält.
Nur die Kostentransparenz sollte gegeben sein.
Auf der anderen Seite ist mit Kostentransparenz nicht gemeint, daß nun zusätzlich zu den utopischen Warenpreisen auch noch jeder einzelne Handschlag überteuert abgerechnet wird.
Beispiele davon hatten wir, auch in Form von Rechnungskopien, wahrlich schon genug hier im Bestatterweblog.
Da wird für einen Einäscherungssarg locker mal eben 1.800 Euro verlangt, für die Innenausstattung nochmals 300 Euro und dann montiert der Bestatter auch noch Griffe für 250 Euro und ballert so den Sargpreis auf 2.350 Euro hoch.
Gleichzeitig berechnet er drei Fahrten zu je 255 Euro und zwar einmal vom Krankenhaus zum Bestattungshaus, von dort zum Friedhof und nochmals für den Transport von dort zum Krematorium. Macht zusammen 750 Euro, auf die er nochmals 150 Euro für den Transport der Urne zum Friedhof aufschlägt.
Und damit nicht genug! Außer dem Fahrtkosten rechnet er noch dreimal Fahrer und Helfer zu je 99 Euro ab, was dann unterm Strich satte 1.500 Euro für die Fahrerei ausmacht.
Ja, und obendrein nimmt er noch 175 Euro für “Desinfektion des Bestattungsfahrzeugs”, 199 Euro für die Benutzung der Leichentrage und einen Nachtzuschlag von 200 Euro.
Alleine für Sarg und Transporte hat dieser Kollege fette und wirklich unverschämte rd. 4.425,- Euro abgerechnet.
Das sind Totenhemd, Matratze, Decke und Kopfkissen, sowie Urne und das ganze Drumherum noch gar nicht mit dabei.
Irgendwo hat die Sache mit dem Auflisten einzelner Positionen auch ihre Grenzen!
Was ursprünglich der Transparenz gegenüber dem Kunden diente, wird von manchen Bestattern als willkommene zusätzliche Einnahmequelle mißbraucht.
Ich finde, jeder Bestattungsunternehmer sollte in sich gehen und einmal ernsthaft überlegen, ob er so behandelt werden möchte, wie er seine Kunden behandelt.
Erst wenn er sagen kann, daß er sich für keinen seiner Preise schämen muß und jede Rechnungsposition auch einer kritischen Nachfrage standhält, dann hat er es richtig gemacht.
1 Was wir ja in Wirklichkeit nicht tun, denn wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft. Mehr dazu in diesem Video.